Johannes Raimann und Isabella Til
30.8. - 26.10.2024
< an den erweiterten Blick
Als sehende Wesen blicken wir mit großer Selbstverständlichkeit und in erster Linie unbewusst in die Welt. Sobald wir uns unseres Blickes bewusst werden, können wir ihn nicht mehr ignorieren. Der Blick ist ein vielschichtiges Phänomen.
Bilder choreografieren unseren Blick. Durch die Komposition werden wir durchs Bild geführt, folgen Formen und Farben. Im geschriebenen Text bewegt sich das Auge entlang der Leserichtung und extrahiert Bedeutung aus Buchstaben. Der Blick ist jedoch nicht nur ein rein anatomisches Phänomen. Unsere Prägungen formen unterschiedliche Arten des Sehens. Ein suchender Blick versucht, Muster zu erkennen, der forensische Blick entschlüsselt die gemachte Echtheit, und der ästhetische Blick genießt das visuelle Erlebnis – um nur einige Beispiele zu nennen.
Im Kunstwerk begegnen wir jedoch noch einer weiteren Art des Blicks: dem Blick der Künstler*in. Dieser Blick ist stark von der Interaktion zwischen Hand und Auge geprägt, wobei das Werkzeug, das in der Hand liegt, einen entscheidenden Einfluss hat. Synchron bewegt die Hand den Pinsel und das Auge den Blick über die Leinwand. Am Bildschirm ist die Augen-Hand-Koordination abstrakter, doch auch digitale Werkzeuge werden von Künstler*innen genutzt und thematisiert.
Neben dem aktiven Blick in die Welt gibt es auch den passiven Blick. Wir gehen durch die Straße und plötzlich merken wir – wir haben eine Blickachse gekreuzt. Zwei Menschen haben sich angesehen, und wir haben diese Verbindung durchbrochen. Manchmal ist es kein Mensch, dessen Blick wir kreuzen, sondern nur sein Spiegelbild oder der Blick eines Models in eine Kamera. Ein technisches Hilfsmittel hat hier den Blick umgelenkt. Der Blick ist nicht mehr allein dem Menschen vorbehalten.
Apparate und Seherfahrungen erweitern die Blicke der Menschen. Diesem Umstand trägt die Ausstellung „An den erweiterten Blick“ Rechnung.
*in Köln
1983 Studium Folkwangschule Universität der Künste, Essen
1991 Diplom mit Auszeichnung
seit 1992 Lebt und arbeitet in Düsseldorf
Auswahl Ausstellungen
2023 Wanderung, ständige Sammlung, Kanzlei RAe Heuking, Düsseldorf
2022 Corona Papers, Eric Thomsen Gallery, New York
2021 Sis Corp. (Solo) Felix Ringel Galerie, Düsseldorf (Katalog)
Multilayer, Internationale Gruppenausstellung, Schloss Plüschow, Schwerin
2020 Multilayer.Vision 20/20, Int. Gruppenausstellung, RAUM SCHROTH im Museum Wilhelm Morgner, Soest
Untitled Reality, Gruppenausstellung, David Behning Galerie, Düsseldorf
Corona Papers, Felix Ringel Galerie, Düsseldorf
Area und Fluidum (Solo) Felix Ringel Galerie/Projektraum, Düsseldorf
Wanderung (Solo) Restaurant Klee‘s in der Kunstsammlung NRW, Düsseldorf
2019 Gen.Volkswagen (Solo) Felix Ringel Galerie/Projektraum, Daueraustellung bei VW Niederlassung NRW, Düsseldorf,
durch Robert Rademacher/Gottfried Schultz Gruppe (Katalog)
2018 Present Progressive: Michael Reisch – Isabella Til (Doppel-Solo), Felix Ringel Galerie, Düsseldorf (Katalog)
2017 Kunst Zürich 17, Felix Ringel Galerie, Zürich, CH
Mixed Pickles, Gruppenausstellung, Felix Ringel Galerie, Düsseldorf
2016 Kunst Zürich 16, Felix Ringel Galerie, Zürich, CH
Escape Gravity, Gruppenausstellung, Felix Ringel Galerie, Düsseldorf
res narrandi (Solo), Zeichnung und Fotografie, Felix Ringel Galerie, Düsseldorf (Katalog/Künstlerbuch)
Auszeichnungen
2021 NRW Stipendium
2020 PArt-Förderpreis, Spiegelberger Stiftung Hamburg
1998 Int. Best of Typography, Type Directors Club New York
Int. Best of Grafic Design, Art Directors Club New York
1994 TIA, Typographic Design Excellence Competition, London
1989 Gegen Ausländerfeindlichkeit, Internationaler Plakatwettbewerb, Düsseldorf (Sonderpreis)
1988 Kunstpreis BMW Essen, für erste mit Amiga Commodore erstellte Arbeiten auf Leinwand
1987 Ein Zeichen für Gleichstellung, Parlamentarische Staatssekretärin für Gleichstellung NRW,
(1. Preis) Regierungspräsident Düsseldorf
Isabella Til
geboren in Wien
lebt und arbeitet in Düsseldorf
2021Abschluss mit Akademie Brief der Kunstakademie Düsseldorf Meisterschüler von Marcel Odenbach
seit 2022 Lehraufträge an der Universität Paderborn
Auswahl Ausstellungen
2024 das vorphotographische, AURA-Kunstraum, Düsseldorf
Leap of Faith, Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste, Düsseldorf
Von hier aus. Eine Bestandsaufnahme, DZ Bank Kunststiftung, Frankfurt am Main
über_apparatus (Solo), Fotogalerie Wien, Vienna (Austria)
2023 erinnerungen-auf-essen (Duo), Hassmann&Liebfrau, Vienna (Austria)
RAW, Kunst im Tunnel, Düsseldorf
orbiting (Duo), BEISTE, Köln
2022 viel - wenig, Werft77 Reisholz, Düsseldorf
Operationen (Duo), Nails Projectroom, Düsseldorf
2021 Overlap (Duo), City of Gold, Essen
Vor der Photographie (Duo), plan.d, Düsseldorf
2020 WIR (das licht) (Solo), Malkasten Parkhaus (Gartenpavilion), Düsseldorf
eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint (Solo), Künstler*innenverein Neuland, Bochum
2018 Reload the Apparatus, AIL, Wien
Utopia. Non-Place, Skanska, Krakau (Polen)
2017 TRANSPΩT, Documenta 14 / ASFA Project Space, Athen »transpøt« Galerie 52, Essen
2016 Tools of Enlightment, European Forum Alpbach, Tirol
Singular, Galerie Z, Hard, Vorarlberg (Österreich)
2015 Videodrome, Fotogalerie Wien
TEXT:BILD / BILD:TEXT II, Fotogalerie Wien
ohne Titel, österreichisches Parlament, Wien
2014 Cabin 99, Yosemite, (USA)
Auszeichnungen
2023 Baker Tilly Künstler-Stipendium, Baker Tilly, Kunst im Tunnel, Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf
2022 Ein Impuls, junge Kunstfreunde Köln
2021 Shortlist »NRW-Bank-Kunstpreis«, Düsseldorf
2019 Deutschlandstipendium, Kunstakademie Düsseldorf
2017 Auslandsstipendium die Angewandte, Wien
Johannes Raimann
Isabella Til benutzt den Computer seit 1988 als Zeichenwerkzeug. Die Entscheidungen während dieses überzeitlichen Vorgangs kann sie analytischer treffen, als bei ihrem gestisch-expressiven Umgang mit dem traditionellen Material Farbe. Die digitalen Techniken geben ihr dabei im intuitiven Gebrauch die Möglichkeit ebenso überraschende Ergebnisse wie bei Handzeichnungen zu erreichen. Gegenüber dem spontanen unwiderruflichen Pinselduktus ermöglicht der Computer das Replizieren und Widerrufen von malerischen Entscheidungen sowie die Verwendung von Archivmaterial. Beide Erfahrungen werden von Isabella Til in gegenseitiger Reflexion auf der Leinwand verdichtet. Es entstehen hybride räumliche Strukturen aus Licht und Farbe zwischen Pixel und Pinsel.
Isabella Tils Untersuchungen umkreisen das Thema der abstrakten Malerei in einer zunehmend analog-digitalen Umgebung und konzentrieren sich auf die Auswirkungen dieses Wechselspiels auf den Menschen. Die Auslotung des kaum benennbaren „Dazwischen“ in der Mensch- Maschine-Beziehung ist für Isabella Til eine zentrale Herausforderung unseres derzeitigen Denkens.
Johannes Raimann beschäftigt sich intensiv mit den Grundlagen und Bedingungen der Photographie. In seinen Arbeiten betont er das Phos (Licht) in Kombination mit Graphía (Zeichen/Zeichnung). Für ihn sind photographische Technologien ein essentielles Mittel, um politische, ökonomische und soziale Prozesse sichtbar zu machen.
Seit einigen Jahren untersucht Raimann verstärkt die Digitalphotographie. Er erschafft reflektierende Oberflächen, die nicht nur die Betrachter, sondern auch globale Produktionsketten und die damit verbundenen ökonomischen und sozialen Verhältnisse widerspiegeln. Der Prozess des Sichtbarmachens und Erfahrbarmachens steht im Mittelpunkt seiner künstlerischen Haltung. Indem Raimann das Material des vermeintlich körperlosen „Digitalen“ zeigt macht er es auch kritisierbar. Er benutzt die Bedingungen und Begrenzungen der digitalen Technologien um neue Perspektiven auf die Nutzung und Auswirkungen dieser Technologien aufzuzeigen